Vor einigen Jahren begann ich damit historische Tänze bei der Tanzgruppe „Alta Danza“ in Hamburg zu lernen. Der Schwerpunkt liegt auf Barock/Rokoko. Für die Tanzschulbälle, aber auch ggf. für eine Aufführung, wollte ich gerne ein Kleid haben. Das was man vielerorts als Barock/Rokoko-Kleider kaufen kann, ist aber völlig unauthentisch und allenfalls für Karneval geeignet. Also musste ich mir meine Rokokokleidung selber schneidern.
Ich kaufte mir das Schnittmusterbuch von Janet Arnold „Patterns of Fashion“, schnappte mir ein altes Bettlaken und begann. Bisher hatte ich allenfallls Socken gestopft, Knöpfe angenäht oder Hosen umgenäht. Daher wollte ich mir aus dem Bettlaken erst einmal ein Model machen. So ganz ohne Schneiderpuppe war das nicht leicht. Aber dennoch schaffte ich es, das Schnittmuster auf meine Größe zu ändern und das Model zu machen.
Das Oberteil warf aber ganz seltsame Falten bei der Anprobe. Eine Tanzkameradin klärte mich auf, dass ich erst einmal ein Korsett machen müsste. Denn ohne den richtigen Unterbau würde so ein Kleid nie richtig sitzen. Sie gab mir ein Schnittmuster und los ging es. Das erste Korsett war nicht bequem, denn es ist auch wichtig, dass die Stäbe auf eine bestimmte Art und Weise und bestimmten Richtungen eingesetzt werden. Das zweite war dann besser. Ein „Panier“, den zweigeteilten Reifrock der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, kaufte ich mir über das Internet.
Da gibt es wirklich historisch korrekte Angebote. „Chemise“ = Unterkleid mit der Spitze dran, „Anstandsrock“ = enger Unterrock und noch ein weiter Unterrock, das sind ebenfalls Kleidungsstücke, die ich anfertigte bevor ich das Kleid machen konnte. Auf Alexas Seite: www.marquise.de findet ihr dazu Schnittmuster und überhaupt ist das eine der besten Seiten, wenn es ums Rokoko geht.
Mit meinem Mann zusammen bauten wir dann eine Schneiderpuppe, die meiner Rokoko-Figur entsprach, also wenn ich ein Korsett trage. Wir verpackten mich in Gipsbinden und machten somit eine Negativform, die mein Mann dann mit Bauschaum ausfüllte. Ein Besenstiel als Stütze vervollkommnet das Ganze. Wichtig ist hierbei, bis zum halben Oberschenkel runter zu gipsen, damit das Panier nachher an der Puppe anliegt und nicht nach innen wegklappt.
Die Beschreibung, wie man das macht, liegt schon seit Jahren auf meinem Rechner, kommt aber demnächst auf meine Hompepage. Alexa hat es aber auch auf marquise.de beschrieben. Dort findet ihr auch die Beschreibung, wie man Strümpfe macht. Einmal von Alexa und dann auch meine Variante.
Dann nähte ich mir endlich mein Kleid. Es war noch aus einem Stoff mit Mischgewebe. Da ich inzwischen beim „Reanactment“ gelandet bin, einer historischen Darstellung auf musealem Niveau, verwende ich heute nur noch Materialien, die auch damals verwendet wurden und nähe meine Kleider mit der Hand.
Im Ahrensburger Schloss (nahe Hamburg) bin ich inzwischen der „Zeitgeist“ und repräsentiere die Gräfin von Schimmelmann auf Sonderveranstaltungen, wie z.B. am „internationalen Museumstag“ (3. Sonntag im Mai).
Eine besondere Herausforderung war im Sommer 2012 die Ausstattung von „Königin Barbara I“. Ich habe für eine Sammlerin eine Barbie-Puppe in eine völlig authentische kleine Rokoko-Dame verwandelt. Das Korsett war nur 4 cm groß und selbst hierbei habe ich die Schnürösen mit der Ale gestochen und von Hand umstickt. Die winzigen Schühchen habe ich mit Leder bezogen! Alle Fotos dazu findet ihr auf meiner Fotoseite.
Tja, das mache ich nun schon seit einigen Jahren und es sind in dieser Zeit eine ganze Menge Kleidungsstücke zusammengekommen. Auf einer Fotoseite zeige ich in einzelnen Schritten, wie meine Kleidung entstanden ist. Über meiner Homepage findet ihr den Link zu meiner Fotoseite und weitere Informationen zu historischer Kleidung, Reanactment und Tanz.
Viel Spaß beim Ansehen!
Eure Bettina
(Bildrechte: Bild von Bettina / Feldmaus-Rokoko)